Schottland Großfahrt Stamm Ambronen
Am Freitag, 02.08.2024 brechen acht motivierte Jungen aus dem Stamm Ambronen zu einem großen Abenteuer auf. Es ist 11 Uhr, als wir uns am Flughafen treffen. Der Flughafen ist trotz der Ferien recht leer. Ohne Zwischenfälle sind wir gut in Manchester angekommen. Doch an der Gepäckabholung der erste Schock - an einem Rucksack fehlt der Überzug und viel schlimmer noch die ganze Isomatte. Schnell stellt sich aber heraus, das ist gar nicht unser Rucksack. Glück gehabt. Überrascht, dass alles so schnell geht, denn auch der Flughafen in Manchester ist recht leer, machen wir uns auf zum Bahnhof, wo wir den Zug nach Glasgow, genauer Milngavie, nehmen. Inzwischen ist es 20 Uhr, Abendessen und Frühstück sind eingekauft, und wir suchen uns einen Platz für unsere Kohte.
Am nächsten Morgen geht es nun so richtig los. Wir entscheiden uns, die volle erste Etappe von 20 km nach Drymen zu wandern, um zu schauen wie die Kondition in der Gruppe ist. Wir haben Glück, die Sonne kommt heraus, und es ist eine sehr warme Wanderung mit den ersten Höhenmetern. In Drymen angekommen und nach einem Angriff von zwei Kälbern, verrät ein Blick auf unsere Routenplanung, dass bereits ab morgen der Abschnitt starten soll, auf dem wir 60 km keinen Supermarkt haben werden. Wir entscheiden uns für ein ausgiebiges Frühstück mit frischem Brot (eine Rarität in Schottland), Eiern, Saft und Obst. Essen haben wir für sechs Mahlzeiten eingekauft und damit gefühlt den halben SPAR im Ort leergeräumt.
Bereits an unserem zweiten Wandertag verlässt uns das sonnige Wetter vom Vortag. Der Himmel ist grau, und ein spürbarer Wind ist aufgezogen. Wir kommen auf unserem Weg in dem kleinen Ort Balmaha an. Viele haben Muskelkater vom Vortag, und die Wolken scheinen nicht mehr lange Stand zu halten. Wir entscheiden uns daher zu bleiben. Nachdem sich alle mit Fish & Chips im Dorfcafé vollgeschlagen haben, schwirren zwei Teams aus, die nach Schlafplätzen suchen. Eine Stunde läuft die eine Gruppe die Route weiter, wird mit atemberaubenden Ausblicken auf Berge und dem Loch Lomond belohnt, doch kann einfach nichts finden. Inzwischen regnet es in Strömen, und die Gruppe hofft stark, dass der andere Suchtrupp etwas finden konnte. Glücklicherweise ist dies der Fall: Sie haben ein kleines privates Sportstudio angeboten bekommen. Freudig erzählt der Besitzer, dass einige Jahre vorher schon einmal bei Regen Pfadfinder aus Deutschland an seiner Tür geklingelt hätten. Wir werden mit heißer Schokolade versorgt und lassen den Tag mit Kartenspielen ausklingen.
Der Regen vom letzten Abend hat nicht aufgehört und so müssen wir so regenfest es geht los. Es ist spürbar, dass das Tempo deutlich langsamer geworden ist. Die Route führt uns über die Berge auf und ab. Nach wenigen Stunden sind alle Schuhe klitschnass bis auf die Schuhsohlen. Doch an anhalten ist nicht zu denken, links und rechts nur dichter Wald, vor und hinter uns ein ein Meter schmaler Pfad. Wir kommen an einem Zeltplatz an, denken hier bleiben zu können, doch werden schnell enttäuscht - viel zu teuer. Auf der Karte sieht es aus, als wäre der nächste Ort allerdings nicht weit - vielleicht eine halbe Stunde. Wir wandern weiter - lange weiter. Mindestens weitere zwei Stunden und einige Auf- und Abstiege dauert es, bis wir in Rowardennan ankommen. Doch statt angenehmer Ruhe machen wir neue Bekanntschaften mit einer besonderen Sorte von Spezies, die uns noch lange begleiten wird: Highland Mücken. Hunderte Mini-Mücken stören unsere Ruhe, und so machen sich die meisten Jungen trotz komplett durchnässter Sachen und ohne Mittagessen gehabt zu haben, auf zur Schlafplatzsuche. Dieses Mal haben wir kein Glück, wir finden nichts Geeignetes. Wir beschließen, auch wenn es erst das erste Drittel der Großfahrt ist, ein großes Zimmer in der Jugendherberge zu buchen. Trockene Betten, warme Duschen, Waschmaschine, Trockner, eine große Küche - wir lassen es uns gut gehen und haben unsere Entscheidung nicht bereut. Einige von uns springen am Abend noch ins Loch Lomond und genießen Badespaß vor einer großartigen Bergkulisse.
Wir machen zwei Tage Pause und entscheiden uns dafür, zu einem Shelter auf der Route vorzufahren. Dafür müssen wir mit einem kleinen Schiffchen auf die andere Seite des großen Sees gebracht werden. Mit dem Zug (wieder auf der anderen Seite des Sees) macht sich eine kleine Gruppe auf zum nächsten Supermarkt die Vorräte aufzufüllen. Sieben Stunden dauert die Mission, doch ein leckeres Curry mit frischem Gemüse und Hähnchen, selbstgemachte Pfannkuchen und neue Mahlzeiten für die nächsten Wandertage sind es definitiv wert.
Inzwischen sind wir schon etwas Abenteuer erprobt. Ohne Regen und bei schnellem Tempo machen wir gute Strecke. Als der Wind aufzieht, wissen wir die Signale zu lesen und machen uns regenfest: Mülltüten über die noch trocknen Wandersocken, Regenjacken und -hosen an, Ponchos raus. Wir schaffen an einem Tag, was wir uns für zwei Tage vorgenommen haben. Doch wieder finden wir keinen Schlafplatz und das mitten im Wald. Alle Lichtungen die es gibt, haben keinen festen Boden. Es ist Sumpf weit und breit, und so bleibt uns nichts anderes übrig als weiter zu wandern. Wir kommen einer sich im Bau befindenden Forststraße an und lassen uns am Bauende nieder. Dank unserer 30 cm Stahlheringe können wir unsere Kohte auf dem Steinboden aufbauen. Es ist gar nicht so ungemütlich, wie es sich anhört. Zum Abendessen gibt es Kartoffelpüree mit Linsen, Zwiebeln und angebratener Räucherwurst. Der Feuerrauch hat auch alle Highland Mücken vertrieben, und so können wir in Ruhe schlafen. Naja, das sollte ich nicht zu früh schreiben. An Schlaf ist in der Nacht nämlich nicht zu denken. Der Wind rüttelt an der Kohte, dass wir uns nur fragten, wann sie einstürzen wird. Der Lärm durch den peitschenden Wind und dem klackernden Kreuz an der Stange ist ohrenbetäubend. Aber tatsächlich hält unsere Kohte dem Wind stand.
Das Wetter wird am nächsten Morgen schlimmer und dichter Regen klatscht uns frontal ins Gesicht; die Route führt durch ein abgeholztes Gebiet, und so gibt es weder Schutz vor Regen noch vor Wind. Wir wandern durch, bis wir im nächsten Ort Tyndrum ankommen. Ein trister Ort finden wir. Die Schlafplatzsuche zieht sich drei Stunden, es ist kalt und die Stimmung schon einmal besser gewesen. Doch am Ende werden wir außerhalb des Ortes auf einer Lichtung fündig. Es ist definitiv der bisher schönste Schlafplatz mit Blick über die Highlands. Im Green Welly Stop gibt es Duschen für drei Pfund für 10 min. Viele sehen hier ihr Taschengeld gut investiert und wärmen sich auf.
Nach den letzten Wandertagen steht nun eine Weiterreise mit dem Bus an. Ziel ist der Ort Kinlochneven, von wo aus wir die letzten 25 km nach Fort William wandern wollen. Tags zuvor haben wir noch den Fahrplan gecheckt und uns für den Bus um kurz nach 13 Uhr entschieden. Der Bus kommt auch, doch mitfahren ist eine andere Sache. Die Busfahrerin teilt uns mit, dass der Bus ausgebucht sei sowie auch die anderen Busse für heute. Das ist natürlich erstmal ernüchternd. Doch kurz später steigt die Busfahrerin nochmals zu uns aus und sagt, dass sie uns ausnahmsweise mitnimmt. Die Fahrt geht eine Stunde durch die tiefsten Highlands. Außer der Straße ist weit und breit nur reine Natur zu sehen. Die Berge werden merklich größer, und wir genießen das Panorama auf der Fahrt.
Unsere letzte Wanderetappe ist wahrlich ein Finale. Die Sonne kommt pünktlich zur Wanderung heraus und bringt uns bei unserem Anstieg auf den ersten Berg des Tages zum Glühen. Der Ausblick ist wirklich atemberaubend.
Ein Teilnehmer hat die Idee, unseren heutigen Schlafplatz im Schutze des Moos aufzubauen. Es sei sehr weich und gemütlich sagt er. Naja weich ist es, aber auch nass. Am nächsten Morgen sind wir gute 10 cm eingesunken, und das verdränge Wasser hat seinen Weg durch die Ponchos gefunden.
Nachdem wir einen Tag in Fort William verbringen, nehmen wir am Mittwoch früh morgens den Zug nach Edinburgh. Dort möchten wir die letzten Tage auf dem Pfadfinderplatz der Scouts Edinburgh verbringen. Wir haben eingekauft für Burger und so lassen wir mit vollen Bäuchen den Abend ausklingen. Am nächsten Morgen ist Freizeit in der Hauptstand angesagt. Wir starten den Tag gemeinsam mit einem Besuch des Edinburgh Dungeon und essen zu Abend beim Libanesen unsere letztes großes Mahl.